Sehr viele Vereine sehen sich aufgrund ihrer Satzungen dazu veranlasst, in den ersten Monaten des Jahres die Abhaltung ihrer Jahreshauptversammlung durchzuführen. Da aber damit zu rechnen ist, dass aufgrund der Corona-Pandemie noch einige Zeit die bekannten Einschränkungen bestehen, möchten wir mit folgenden Informationen aufzeigen, wie sowohl die gesetzlichen, als auch die statutarischen Verpflichtungen eingehalten werden können.
Ausgangslage:
Für die Vereinsvorstände stellt sich die Frage, ob gegenwärtig Mitgliederversammlungen durchgeführt werden müssen. Ausgangspunkt der rechtlichen Beurteilung dieser Frage ist § 36 BGB.
Danach ist die Mitgliederversammlung in den durch die Satzung bestimmten Fällen einzuberufen, wenn das Interesse des Vereins es erfordert. Enthält die Satzung über den Zeitpunkt der Mitgliederversammlung keine Regelung, so ist dies grundsätzlich dem pflichtgemäßen Ermessen des Einberufungsorgans, also dem Vorstand zu überlassen. Für die Wahl des Zeitpunktes sollte dabei maßgebend sein, dass allen Mitgliedern die Teilnahme an der Versammlung ermöglicht wird.
Dementsprechend führt voraussichtlich eine Ermessensabwägung in der aktuellen Corona-Pandemie dazu, dass eine Mitgliederversammlung in absehbarer Zeit nicht einzuberufen ist, auch wenn die Satzung des Vereins dies vorsieht.
Mit dem Bundesgesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19 Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahren Recht ist in § 5 für Vereine und Stiftungen bis zum 31.12.2021 Näheres geregelt.
1. Ein Vorstandsmitglied eines Vereins oder einer Stiftung bleibt auch nach Ablauf seiner Amtszeit bis zu seiner Abberufung oder bis zur Bestellung seines Nachfolgers im Amt.
2. Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen,
- an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder
- ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.
3. Abweichend von § 32 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist ein Beschluss ohne Versammlung der Mitglieder gültig, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens
die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.
Alle Vereine, die bereits im Jahr 2020 ihre Jahreshauptversammlung nicht durchgeführt haben, müssen die Jahreshauptversammlung 2021 Jahr durchführen.
Hierbei steht der genannte Zeitraum bis zum 31.12.2021 zur Verfügung.
1. Physische Mitgliederversammlung
Wie bereits oben erwähnt, ist die Abhaltung der Mitgliederversammlung rechtlich zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Sollten sich aufgrund verändernder Infektionszahlen die gesetzlichen Vorgaben ändern ist unbedingt auf die Einhaltung der allgemein geltenden Hygienevorgaben zu achten. Ausdrücklich hingewiesen wird auf die Verantwortung der Vereinsverantwortlichen.
2. Virtuelle Vereinsversammlung
Für alle Vereine wurde in dem oben genannten Gesetzestext in § 5 Absatz 2 eine Sonderregelung geschaffen, um auch ohne ausdrückliche Ermächtigung in der Satzung, „virtuelle“ Mitgliederversammlungen durchzuführen und auch den Mitgliedern, die nicht an der Mitgliederversammlung teilnehmen, zu ermöglichen ihre Stimmrechte auszuüben. Mitgliederversammlungen, soweit in der Satzung nichts Abweichendes geregelt ist, sind an einem bestimmten Versammlungsort durchzuführen. Bei „virtuellen Mitgliederversammlungen“ ist es möglich, dass ein Teil der Mitglieder wie z.B. Vorstandsmitglieder an einem bestimmten Ort zusammenkommen und die übrigen Mitglieder an der Jahreshauptversammlung über den „virtuellen“ Kommunikationsweg teilnehmen.
Als Sonderregelung besteht die Möglichkeit, eine vorherige schriftliche Stimmabgabe für Vereinsmitglieder zuzulassen, ohne dass diese an der Mitgliederversammlung teilnehmen müssen. Die Vereinsmitglieder müssen ihre Stimme vor Beginn der Mitgliederversammlung gegenüber dem Verein abgegeben haben, damit sie bei der Beschlussfassung in der Mitgliederversammlung berücksichtigt werden können. Jedes Mitglied kann somit, nach Erhalt der Einladung und der Tagesordnung zu der nächsten Mitgliederversammlung, seine Stimme zu jedem Tagesordnungspunkt durch eigenhändig unterzeichnetes Schreiben (§ 126 BGB) vor der Versammlung im Vorhinein abgeben. Eine Kombination aus schriftlicher Stimmabgabe und einer Online-Abstimmung ist möglich.
Als weitere Sonderregelung für die Beschlussfassung der Vereinsmitglieder ist auch ein Umlaufverfahren möglich. Im Umlaufverfahren können Beschlüsse mit der erforderlichen Mehrheit nach dem Gesetz oder der Satzung getroffen werden. Allerdings nur dann, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden und bis zu dem vom Verein festgesetzten Termin mindestens die Hälfte der Vereinsmitglieder im Umlaufverfahren ihre Stimme abgegeben haben. Die Stimmabgabe durch die Mitglieder muss nicht schriftlich im Sinne erfolgen, sondern ist auch in Textform möglich, d.h. anstelle einer eigenhändig unterschriebenen Erklärung, die dem Verein im Original zugehen muss, ist auch eine Stimmabgabe z. B. durch E-Mail und Telefax möglich.
Folgende Regelungen sind bei virtuellen Versammlungen zu beachten:
Grundsätzliche Bestimmungen:
a) Die Durchführung einer virtuellen Versammlung ist zulässig, wenn eine Teilnahmemöglichkeit an der Versammlung von jedem Ort aus mittels einer akustischen und optischen Zweiweg-Verbindung in Echtzeit besteht und Wortmeldungen wie auch Abstimmungen abgegeben werden können.
b) Die Entscheidung, ob eine virtuelle Versammlung durchgeführt werden soll und welche Verbindungstechnologie dabei zum Einsatz kommt, ist von jenem Vereinsvorstand bzw. Vorstandsmitglied zu treffen, das die betreffende Versammlung einberuft. Dabei sind sowohl die Interessen des Vereines als auch die Interessen der Teilnehmer angemessen zu berücksichtigen.
c) In der Einberufung der virtuellen Versammlung ist anzugeben, welche organisatorischen und technischen Voraussetzungen für die Teilnahme an der virtuellen Versammlung bestehen.
d) Wenn bei einer virtuellen Versammlung Anlass zu Zweifeln an der Identität eines Teilnehmers besteht, so ist dessen Identität auf geeignete Weise zu überprüfen.
Weiterführende Bestimmungen:
a) Für die Abgabe von Wortmeldungen (Fragen und Beschlussanträge) können während der Versammlung angemessene zeitliche Beschränkungen festgelegt werden.
b) Angelegenheiten, die einer Beschlussfassung durch die Generalversammlung bedürfen, können auch mit einer schriftlichen Abstimmung durchgeführt werden, auch wenn dies in der Satzung nicht vorgesehen ist.
c) Für eine schriftliche Abstimmung ist den Mitgliedern zusammen mit der Ankündigung ein Stimmzettel zur Verfügung zu stellen, den sie ausgefüllt mit ihrem Namen und dem Abstimmungswunsch spätestens am Tag der Abstimmung zur Post geben oder im Briefkasten des Vereins abgeben können, um wirksam von ihrem Stimmrecht Gebrauch zu machen. Im Falle von statutenmäßig vorgesehenen geheimen Abstimmungen sind entsprechende Maßnahmen oder entsprechende Abstimmungswerkzeuge im Internet vorzusehen.
d) Der Verein kann auch vorsehen, dass die schriftlichen Stellungnahmen und Fragen sowie die schriftliche Stimmabgabe in elektronischer Form erfolgen können, sofern dabei die Identität der Mitglieder zweifelsfrei festgestellt werden kann.
3. Verschiebung der Mitgliederversammlung
Das bereits angesprochene „Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ sieht vor, dass Mitgliederversammlungen, bis zum Ende des Jahres 2021 verschoben werden können. Problemlos, wenn in der Satzung keine Frist zur Abhaltung der Versammlung bestimmt ist oder als „kann“ oder „soll“ definiert ist.
Sollten Sie nach Prüfung aller Punkte zu dem Entschluss kommen, die Mitgliederversammlung verschieben zu müssen, informieren Sie zeitnah Ihre Mitglieder. Dabei sollte auch eine Begründung Ihrer Entscheidung enthalten sein. Als empfehlenswert wird erachtet, den Mitgliedern mitzuteilen, wie die weiteren Planungsschritte aussehen. Die konkrete Nennung eines neuen Termins macht gegenwärtig natürlich wenig Sinn, weil noch nicht abzusehen ist, wie sich die Situation im Zusammenhang mit dem Corona Virus weiterentwickelt. Wichtig ist es jedenfalls, alle Gremien des Vereins/Verbandes einzubinden und größtmögliche Transparenz zu wahren.
Die Rechte auf Mitgliederversammlung und Wahlen sind sehr wichtige demokratische Teilhaberrechte, die nicht leichtfertig beschnitten werden dürfen. Gerade Einzelfallabwägungen sollten daher mit Augenmaß und auf Basis guter Gründe getroffen werden. Dies wird auch die Akzeptanz bei der Mehrheit der Betroffenen erhöhen.
Sollten hierzu Fragen bestehen, dürfen Sie sich gerne mit unserem Stellv. Kreisverbandsvorsitzenden Markus Bitterwolf in Verbindung setzen.